Intelligente Zuschauer, willkommen zur
dieswöchigen Folge von Planet Erde: unser liebevolles Zuhause. Sie sehen den
ersten Teil einer zweiteiligen Reihe, in der wir darüber berichten, was der
Umweltschützer Lester Brown über die weltweite Zerstörung und die ernsten
Konsequenzen für die Gemeinden in aller Welt berichtet.
Wenn ich an die nationale Sicherheit heute denke,
brauchen wir, glaube ich, eine neue Definition - eine Definition für das 21.
Jahrhundert. Wenn ich mich mit einem Blatt Papier hinsetze und mich frage:
„Welche Bedrohungen gibt es heute?“ Erstens: Klimawandel. Zweitens:
Bevölkerungswachstum. Drittens: die Ausbreitung der Wasserknappheit. Viertens:
steigende Nahrungsmittelpreise. Fünftens: eine wachsende Zahl von
Staatszusammenbrüchen. Das sind unsere Sicherheitsbedrohungen heute.
Herr Brown hat einen Magisterabschluss in
Agrarwissenschaften der Universität Maryland, USA,
und einen in öffentlicher Verwaltung der Universität Harvard, USA. Seit über 40 Jahren hat er sich der Arbeit
für Umweltschutz und wirtschaftliche Nachhaltigkeit verschrieben. Herr Brown
ist Autor und Mitautor von mehr als 50 Büchern, u. a. die Bestsellerreihe „Plan
B” und seine Publikation von 2011 „World on the Edge: How to Prevent
Environmental and Economic Collapse”. Seine Bücher wurden in ungefähr 40
Sprachen übersetzt. Er gilt als Vater der modernen Graswurzel- Umweltschutzbewegung
und die Washington Post sagt, er ist „einer der einflussreichsten Denker der
Welt”. Der Telegraph of Calcutta nennt ihn den „Guru der Umweltschutzbewegung”.
Er hat auch zahlreiche Ehrentitel und -preise erhalten, z. B. die MacArthur
Fellowship, den Umweltpreis der Vereinten Nationen und die Goldmedaille des
World Wide Fund for Nature.
Ich arbeite seit mehr als 40 Jahren mit
Nicht-Regierungs Umweltorganisationen zusammen. Als ich 1972 das
US-Landwirtschaftsminist- erium verließ, arbeitete ich für eine Organisation
namens Overseas Development Council. Und ich arbeitete an
Entwicklungsproblemen, u. a. auch Umweltproblemen, obwohl die damals noch nicht
gut definiert waren. Und dann fing ich 1974 an, die Notwendigkeit für ein
Forschungsinstitut zu sehen, dass sich auf globale Umweltthemen konzentrieren
sollte. Es gab damals noch keines. Mit Hilfe des Rockefeller Brothers Fonds und
einem Zuschuss von einer halben Million Dollar gründete ich das World Watch
Institut. Und dann gründete ich vor einem Jahrzehnt das Earth Policy Institute,
eine Organisation, die sich auf den „Was-ist-zu-tun-Teil“ des Problems
konzentriert. Wir wissen ziemlich gut, welche Probleme es jetzt gibt. Die Frage
ist, was zu tun ist. Und wir entwickelten die Plan-B-Reihe als Antwort darauf.
Das Buch „World on the Edge” wurde geschrieben, um die Dringlichkeit zu
vermitteln - nicht nur darüber zu sprechen, was wir tun müssen, sondern wie
dringend es ist, es auch zu tun. Ich glaube nicht, das wir noch viel Zeit
haben. Die Frage ist, wie viel Zeit haben wir noch, bevor die Zerstörung der
Umweltunterstützungsysteme der Wirtschaft sich in negative globale
wirtschaftliche Trends verwandelt. Die Antwort auf diese Frage lautet, dass wir
es nicht wissen. Aber ich denke, wir haben vielleicht weniger Zeit, als den
Leuten klar ist. Der Klimawandel bringt unsere Zivilisation in enorme Gefahr.
Archäologen bestätigen aufgrund historischer Aufzeichnungen, dass die Talfahrt
der Umwelt immer vor dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch
kommt. Daher ist die Geschwindigkeit der weltweiten ökologischen Zerstörung ein
Signal für die Menschheit, jetzt zur Tat zu schreiten.
Unsere Wälder schrumpfen. Unsere Böden erodieren.
Unsere Wasserspeicher erschöpfen sich. Grasland wird zur Wüste. Grasland wird zur
Wüste. Das sind jetzt ganz eindeutige Trends. Aus dem Studium früherer
Zivilisationen, die ihre Umwelt- Unterstützungssysteme zerstörten, wissen wir,
dass das keine Zivilisation unbegrenzt tun kann, ohne schließlich zu zerfallen
und zusammenzubrechen. Das geschah den Sumerern. Das geschah den Mayas. Bei den
Mayas waren es Entwaldung, Bodenerosion und schrumpfende Nahrungsvorräte und
schließlich verschwand die Zivilisation. Bei den Sumerern erhöhte sich der Salzgehalt
der Böden. Als sich der Salzgehalt erhöhte, sanken die Ernteerträge und dann
ging die Zivilisation selbst unter. Wir machen in Bezug auf die Umwelt also
alles falsch. Ob es jetzt der Klimawandel, die fallenden Grundwasserspiegel,
die Entwaldung oder die Bodenerosion sind, all diese Dinge werden die
Zivilisation untergraben, bis wir sie rückgängig machen können.
Der britische Außenminister William Hague erklärt,
dass die Ernteerträge stark abhängig sind von einem gleichmäßigen Klima. „Man
kann keine Nahrungs-, Wasser- oder Energiesicherheit ohne Klimasicherheit
haben. Sie sind miteinander verbunden und untrennbar. Sie bilden vier
Ressourcen- Pfeiler, auf die sich die globale Sicherheit, der Wohlstand und die
Gleichheit gründen.“ Die Hitzewelle in Russland im Jahr 2010 die durch die
globale Erwärmung verursacht wurde, ist eine der verheerendsten
Naturkatastrophen der jüngsten Zeit und hatte große Folgen für den
internationalen Nahrungsmarkt, da Russland - der drittgrößte Getreideexporteur
der Welt - die Exporte während der Krise verbot, um seinen Bürgern ausreichend
Nahrung zu garantieren.
Wenn zu Beginn des letzten Jahres jemand gesagt
hätte, dass die Durchschnittstemperatur in Moskau im Juli 14 Grad Fahrenheit
oder 8 Grad Celsius über der Norm liegen würde, hätte ich gesagt, „Ich bin kein
Klimaleugner, aber das ist jenseits aller Vernunft.” Aber es ist passiert und
nun, da wir einen solch dramatischen Temperaturanstieg an einem Ort der Welt
für eine längere Zeit - einem Monat - erlebt haben, wissen wir, dass es auch
anderswo passieren kann. Wir sahen Nacht für Nacht, Woche für Woche, verqualmte
Straßen in Moskau, denn es brannte in ganz Westrussland. Russland brannte
buchstäblich unkontrolliert in einer Hitzewelle, die Ende Juni anfing, den
ganzen Juli dauerte und sich in den August hineinzog. Schließlich wurden
schätzungsweise 300 Mrd. USD Schaden verursacht. Im Vergleich dazu verursachte
der Hurrikan Katrina in den Vereinigten Staaten im Jahr 2005 etwa 100 Mrd. USD
Schaden. Der Hitzewelle fielen 56.000 Menschenleben zum Opfer durch eine Kombination
aus Hitze, Stress und Einatmen der raucherfüllten Luft, wodurch sich die
Atemwegserkrankungen verschlimmerten. Die Getreideernte fiel von 100 Millionen
Tonnen, so viel hofften sie zu ernten, auf 60 Millionen Tonnen. Es gingen 40 %
der Getreideernte verloren. Wenn die Hitzewelle in Chicago stattgefunden hätte
und die Vereinigten Staaten 40 % ihrer Getreideernte verloren hätten, wären das
40 % von 400 Millionen Tonnen. Die Vereinigten Staaten und die Welt hätten 160
Millionen Tonnen Getreide verloren. Wäre das passiert, hätte es im Spät-
sommer, Frühherbst, letzten Jahres ein Chaos auf den Getreide-märkten der Welt
gegeben. Die Getreidepreise hätten ein Niveau erreicht, das wir noch nie
gesehen haben. Die Nahrungspreise würden auf der ganzen Welt ansteigen. Die
Exportländer würden ihre Exporte einschränken, um ihre Nahrungspreise unter
Kontrolle zu halten.
Herr Brown merkt an, offenkundige Zeichen eines
bevorstehenden Zivilisations kollapses seien Nahrungsmangel in großem Umfang,
wachsende Zahlen von Umweltflüchtlingen und Staatszusammenbrüche.
Die Nahrungskrise, die zwischen Anfang 2007 und
2008 stattfand, als die Weltmarktpreise für Reis, Sojabohnen und Mais
dramatisch anstiegen, wiederholt sich 2011. Robert Zoellick, Präsident der
Weltbank, warnte daher im April 2011, dass die Welt nur „einen Schock entfernt
ist, von einer ausgewachsenen Nahrungsmittel-Preiskrise“.
Wenn ich gebeten würde, drei Gradmesser anzugeben,
die uns mehr sagen über unsere Zukunft und darüber, auf welchem Weg unsere
Zivilisation ist, wäre der erste ein wirtschaftlicher Indikator. Es wären die
Getreidepreise. Und die Weltgetreidepreise sind heute doppelt so hoch wie vor
fünf Jahren und steigen wahrscheinlich in den nächsten fünf Jahren noch höher.
Wie viel höher wissen wir nicht. Der Welt-Nahrungspreisindex war auf einem
Rekordhoch. Und ist noch immer sehr nah dran. Er ist nicht gesunken. Dieses
Jahr sollten die Welt-Getreidevorräte wieder aufgestockt werden, nachdem sie
letztes Jahr durch die Hitzewelle in Russland aufgezehrt worden waren. Der
Preis zur Erntezeit, zur Pflanzzeit, war sehr gut. Das ermutigte die Landwirte.
Sie bauten mehr Getreide an. Sie verwendeten mehr Dünger, waren aber nicht in
der Lage, die Produktion schnell genug auszuweiten, um mit der wachsenden
Nachfrage Schritt zu halten. So haben wir auch dieses Jahr wieder eine Verminderung
der Getreidevorräte. Auf Abhilfe können wir frühestens nächstes Jahr (2012) bei
der nächsten Getreideernte im Herbst hoffen. Es ist also jetzt buchstäblich wie
der Tanz auf dem Vulkan. Die Probleme bei der Wiederherstellung der
Nahrungspreise und der Nahrungssicherheit für die Welt sind erheblich. Früher
war es so, dass die einzige Ursache für eine zusätzliche Nachfrage nach
Getreide im Prinzip das Bevölkerungswachstum war. Und dann fingen vor ein paar
Jahrzehnten die Leute an, in der Nahrungskette nach oben zu steigen, mehr
getreideintensive Tierprodukte zu konsumieren. Und das Dritte ist, dass wir nun
Getreide in Benzin für Autos umwandeln. Es gibt einen Wettbewerb um die
Getreidevorräte zwischen Autobesitzern und Menschen. In den Vereinigten Staaten
haben wir letztes Jahr 400 Mio. Tonnen Getreide geerntet, davon gingen 124 Mio.
Tonnen in die Äthanol-Distillerien zur Herstellung von Autobenzin.
Ungefähr 70 % des verfügbaren Trinkwassers
weltweit wird in der Landwirtschaft verbraucht, und das übermäßige Abpumpen von
Wasser für die Bewässerung entleert die Grundwasserreservoirs in erheblichem
Umfang. Saudi Arabien verkündete 2007, dass es die Getreideproduktion aufgibt,
aufgrund der vollständigen Erschöpfung der fossilen Wasserschichten. Der 3
Millionen Tonnen Weizen beraubt, die es einst jährlich produzierte, muss das
Land nun Weizen aus dem Ausland importieren. Die Viehzucht verbraucht riesige
Mengen von Wasser und es wurde durch zahlreiche Studien aufgezeigt, dass die
Herstellung von Tierprodukten enorm ineffizient ist, da sie eine große,
unhaltbare Belastung für unsere natürlichen Ressourcen, wie das Wasser, sind.
Zum Beispiel schätzt das Twente Water Center in den Niederlanden, dass für die Produktion von einem Kilogramm
tierischen Proteins sechs Mal mehr pflanzliches Protein benötigt wird, und dass
für die Herstellung von Rindfleisch 20 Mal mehr Wasser pro Kalorie als für
Getreide oder Kartoffeln benötigt wird.
Es mangelt zunehmend an Wasser für die Bewässerung.
Die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Ländern, deren Grundwasserspiegel
aufgrund des übermäßigen Leerpumpens für die Bewässerung sinken. Zu diesen
Länder, insgesamt 18, gehören China und Indien. Die Weltbank schätzt, dass 175
Mio. Menschen in Indien mit Getreide ernährt werden, das durch übermäßiges
Leerpumpen, durch das Entleeren der Wasserschichten produziert wird, was
definitionsgemäß ein kurzeitiges Phänomen ist. Ich schätze, dass in China 130
Mio. Menschen mit Getreide ernährt werden, das durch übermäßiges Leerpumpen
produziert wird. Das Wasserproblem, das es vor allem unterirdisch und außer
Sichtweite gab, wird zu einer ernsten Belastung für die Nahrungswirtschaft der
Welt und macht es schwieriger, die Produktion, so schnell auszuweiten, wie wir
das möchten.
Eine weltweite Umstellung auf Pflanzenkost kann 80
% der globalen Erwärmung auf- halten, den Welthunger beenden, das Trinkwasser der
Erde und viele andere kostbare natürliche Ressourcen zugänglich machen. Sie ist
eine nachhaltige und sichere Rettungsleine für unseren Planeten und die
Menschheit. Kurzum, sie wird schnell die ernstesten Umweltprobleme lösen, denen
die Welt heute gegenüber steht. Herzlichen Dank, Lester Brown, für Ihre
exzellenten Erkenntnisse zur jetzigen globalen Umweltkrise und die daraus
entstehenden Gefahren, die sich für die Weltgemeinschaft ergeben. Führer wie
Sie rütteln Regierungen und Einelpersonen auf und machen deutlich, dass
sofortiges Handeln nötig ist, um dem weit verbreiteten Missbrauch der Gaben, die
unser Planet für die Menschheit hat, Einhalt zu gebieten.
Weitere Informationen über Lester Brown finden Sie
auf www.Earth-Policy.org
Druckversionen und herunterladbare PDF-Versionen
der Bücher Lester Browns u. a. „World on the Edge: How to Prevent Environmental
and Economic Collapse” sind erhältlich bei www.Earth-Policy.org/books
Umweltweise Zuschauer, bitte schalten Sie wieder
ein am nächsten Mittwoch zu Planet Erde: unser liebevolles Zuhause und sehen
Sie den Schluss unserer zweiteiligen Sendung, in der Lester Brown seine
fachmännische Meinung zur globalen Umwelt abgibt. Danke, dass Sie die heutige
Sendung gesehen haben. Mögen alle Menschen reichliche, immerwährend Liebe und
Gnade vom Himmel erhalten.